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Bild hat Kraft – Fotograf Stefan Baumgartner

Aus meiner ursprünglichen Tätigkeit weiss ich, von welch kapitalem Wert die Aufmachung eines guten Bewerbungsdossiers ist – der erste Eindruck fängt schon beim Bewerbungsfoto an! Es war mir immer ein Rätsel, weshalb man in anderen Ländern Bilder in Bewerbungen ausschliesst. Das Bild ist die erste Möglichkeit, als BewerberIn eine Verbindung mit meinem neuen Umfeld herzustellen…

Stefan Baumgartner, Fotograf und Spezialist für Bewerbungsfotografie in Zürich:

Stefan Baumgartner, man hört oft „Jeder ist heute ein Fotograf“; wieviel zählt ein Bewerbungsfoto noch in der Zeit von Instagram und Linkedin..?
Das eine hat mit dem anderen nur bedingt zu tun. Ich empfehle auf Anfrage immer, das Bewerbungsfoto auch für die professionelleren Plattformen wie XING und Linkedin zu verwenden, da häufig nach dem Bewerber gegoogelt wird. Ein einheitlicher „Auftritt“ wirkt professionell. Anderseits ist ein super Bewerbungsfoto nichts wert, wenn man sich in den sozialen Medien wie ein Depp präsentiert.

Sind Social Media eine Konkurrenz für die klassische Fotografie?
Keineswegs. Im Bereich Social Media ist der visuelle Teil äusserst wichtig – hier sehe ich sogar noch  Potential für die Fotografie. Die Kurzlebigkeit der Bilder ist wiederum eine andere Geschichte.

Wie hat sich deine Arbeit als Fotograf gegenüber früher geändert?
Heute ist alles viel kurzfristiger. Es wird sehr viel mehr fotografiert (Mitarbeiterportraits für Geschäftsberichte, Website, Werbebeiträge, etc.). Die Bilder werden auch schneller wieder ersetzt.

Was zeichnet deine Art Portrait- oder Modellfotografie und dich als Portrait-Fotografen aus?
In der Business- und CV-Fotografie liegt der Fokus auf dem Gesichtsausdruck und der Körperhaltung. Licht und klassischer Hintergrund – meine Spezialität – werden entsprechend eingestellt, sodass der Mensch in den Mittelpunkt rückt. In der Portrait- und Model-Fotografie kommen andere Outfits und die Bildidee hinzu; nichts ist langweiliger als ein Bild ohne Bildaussage.
Ich strebe immer möglichst das Maximum an Professionalität an. Dabei geht es neben der Bildaussage um die technische Qualität eines Bildes, eine transparente Kommunikation und die reibungslose Auftragsabwicklung.

Wie schaffst du eine Beziehung zu deinem Modell, hilfst die Hemmschwellen vor der Kamera während des Shootings zu überwinden ?
Mich selbst sein hilft, meine grosse Routine und dass ich mich in ein Modell hineinfühlen kann. Spürt das Modell, dass der Fotograf seinen Job im Griff hat, kann das helfen, die Nervosität abzubauen. Die sofortige Bildkontrolle durch die digitale Fotografie hat die Zusammenarbeit zwischen Modell und Fotograf sehr erleichtert; Das Modell erhält Feedback auf die Wirkung von Winkel, Licht, Körperhaltung und Ausdruck und bekommt so ein gutes Gefühl dafür, wie das Endresultat ausschauen könnte.

Gibt es fotogenere Leute oder kann man jede und jeden perfekt in Szene setzen?
Es gibt definitiv Menschen, die auf Fotos besser wirken als andere. Schön ist, aus den jeweiligen Personen im Zusammenspiel das Maximum an Ausdruck heraus zu arbeiten und im Verlaufe eines Shootings die Steigerung zu beobachten.  Ein Shooting ist auch ein Crashkurs bezüglich Mimik und Körperhaltung.

Wie soll sich das Modell verhalten während des Shootings, damit das Bild möglichst authentisch wirkt?
Da gibt es keine fixen Regeln. Wichtig ist, sich auf das „Experiment Portraitfotografie“ einzulassen und versuchen, möglichst schnell die natürliche Schutzhülle abzulegen. Ein Portraitshooting ist eine intime Angelegenheit; als Fotograf bekommt man Unsicherheiten einer Person sehr gut mit. Diese gilt es abzulegen, denn die Kamera ist brutal und nimmt keine Rücksicht auf solche Dinge. Viele Portraitierte, natürlich vor allem in der Business- und CV-Fotografie, wo es ja ausschliesslich um Ausdruck und Körperhaltung geht, lernen sich bei einem Shooting ein Stück besser kennen – wie in der Stilberatung auch.

Ist Schönheit im Auge des Betrachters oder gibt es eine allgemeinverbindliche Meinung darüber, was ein gutes Bild ausmacht?
Schönheit ist sicherlich Geschmacksache, wobei es eine gewisse Schönheit gibt, die eher „massentauglich“ ist. So wie es Weine gibt, die den meisten gut schmecken.
Was ein gutes Bild ist, da gehen die Meinungen allerdings auseinander. Das ist wie in der Kunstmalerei. Die einen empfinden die einfacheren Sujets wie klassische Sonnenuntergänge bereits langweilig, während andere bei solchen Bildern gerade ins Schwärmen kommen.

Deine wichtigsten Tipps im Vorfeld zu einem Shooting?
Das ist von Shooting zu Shooting unterschiedlich. Generell sicherlich eine gute geistige Vorbereitung, genügend Schlaf, gesundes Essen im Vorfeld.

Als wie wichtig beurteilst du das Bild im Rahmen einer Bewerbung?
Solange Bilder bei CV-Unterlagen erlaubt sind, als sehr wichtig. Es ist ein Einflussfaktor, der nicht unterschätzt werden sollte. Die persönliche Ausstrahlung wirkt bei der Vorselektion mehr mit, als HR-Verantwortliche öffentlich zugeben.

Von der Praxis gewisser Ländern, wo CV-Bilder nicht mehr erlaubt sind, halte ich übrigens gar nichts. Es werden dann einfach mehr Kandidaten zu den Interviews eingeladen und ohne fachliche Begründung nicht eingestellt. Das Beilegen eines Fotos bietet doch eine weitere Möglichkeit, der Bewerbung eine persönliche Note zu geben. Genauso wichtig ist ein vollständiges und sauber gelayoutetes, fehlerfreies Dossier.

Weshalb zählen Äusserlichkeiten?
Äusserlichkeiten in dem Sinn, dass man authentisch und natürlich rüber kommt und dabei auch Vertrauen und Kompetenz ausstrahlen kann. Es geht dabei nicht um Schönheit im klassischen Sinn – ausser man bewirbt sich bei einer Model-Agentur 😉

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