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studiowinkler – Portrait einer Schweizer Designerin

A SWISS LABEL – NOT JUST A LABEL.

In Berlin habe ich Julia Winkler getroffen; ein Einblick in ihre Gedankenwelt und ihr Schaffen als erfolgreiche Schweizer Jungdesignerin…

 

 

 

 

 

 

studiowinkler – welche Frau sprichst du mit deinem Label an?
Eine moderne, starke Frau, ein Multitasker, die den verschiedensten Ansprüchen der heutigen Zeit gerecht wird, selbständig und unabhängig ist. Ich begleite sie auf dem Weg dorthin. Es ist eine Frau, welche diese Attitude in sich trägt und dieses Statement mit Volumen und Formen unterstützen will und nicht, indem sie 30 Stücke kauft. Sie setzt auf Bleibendes und ein Label mit einem vergleichsweise leisen Statement, das nicht schreit. Und es ist die Frau, die weiss, dass sie ihre Kompetenz erreicht hat. Sie nimmt ihre Fähigkeiten ernst und strebt nicht nach Bestätigung im Umfeld, um sich ein Statement zu setzen. Diese Freiheit heute ist gleichzeitig Pflicht, sich entsprechend zu verhalten und zu positionieren.

Die Spezialität von studiowinkler – und dir als Designerin?
Mein Medium ist der Schnitt. Mein Label zeichnet sich aus durch intelligente Schnitte und Farbe in Funktion.

Dabei spielt Schwarz immer wieder eine zentrale Rolle. Weshalb?
Schwarz ist Klarheit, Konzentration auf Elementares. Schwarz stellt Ruhe her. Mit Schwarz ist man nie falsch angezogen. Schwarz ist neutral. Es ist Ausgangsbasis für alles. Schwarz steht als Farbe in Funktion. Schwarz ist so selbstverständlich wie Aufstehen am Morgen. Und gleichzeitig wird Schwarz nie übersehen.

Welches sind deine Inspirationsquellen für neue Kollektionen?
Im Zuge des Entwurfs meiner Kollektionen sind Ruhe und Rückzug für mich sehr wichtig. Musse schafft Raum für neue Ideen. Die Persönlichkeit, der Bezug zum Ideal, das man unterstützt, die Kreuzung von Kernwerten sind mir erste Inspirationsquellen neben Menschenbeobachtungen, die immer auch mitschwingen.

Welches sind heute die Herausforderungen in deinem Beruf als Modedesignerin?
Zu Beginn war das Multitasken eine grosse Herausforderung. Ich bin alles gleichzeitig; Designerin, Schnittmacherin, Sourcerin, Buchhalterin,… Diese Aufgaben kombiniert fordern einen stark und ich habe gelernt, damit umzugehen und meine Kraft und Energie einzuteilen.

Berlin ist heute deine Basis? Weshalb Berlin?
Berlin ist noch meine Basis. Ich schliesse einen Umzug nach Zürich nicht aus. Berlin bietet einem Jungdesigner viel Raum für vergleichsweise wenig Geld. Dieser Raum existiert auch im Zwischenmenschlichen und im Verständnis von kreativen Jobs. Hier ist es vollkommen normal, Gleichaltrige mit denselben Schwierigkeiten im kreativen Berufsleben zu finden und sich auszutauschen. Zürich bzw. die Schweiz erschwert den Start eher anstatt ihn zu erleichtern, angefangen bei Mieten für Ateliers oder Studios. Berlin ist ideal für einen Start. Zürich kommt in Frage, wenn das Geschäft angelaufen ist.

Sind Designerkleider ihren Preis wert? Warum?
Kommt auf das Label an. Bei Jungdesignern würde ich mit wenigen Ausnahmen behaupten, ja. Bei grösseren Marken bin ich mir nicht immer sicher, bzw. muss man dringend zweimal hinsehen.

Ein Jungdesigner ist dem Entstehungsprozess der eigenen Kollektionen sehr nahe, er verfolgt jeden Weg vom Design bis zur Produktion mit und steht in den meisten Fällen mit seinem Namen dafür gerade. Erstens können wir uns nicht erlauben, unsere Kunden anzuschwindeln. Zweitens setzt der Spirit des Jungdesigners, Werte zu verkörpern und sie dem Kunden nahe zu bringen eine grosse Energie frei, die bestmöglichste Kleidung herzustellen. Und das widerspiegelt sich in der Qualität der Stoffe, in der Verarbeitung und natürlich im Design.

Wie empfindest du die Schweizer Modelandschaft? Gibt es Verbesserungswünsche, z.B. für Schweizer Label und deren Verankerung in der Industrie?
Die Schweiz ist leider nach wie vor kein Modeland, bzw. Zürich keine Modestadt. Das sollte als Chance begriffen werden, weil hier viel zu machen ist. Ich wünsche mir mehr Subvention und mehr Mut. Wir zeigen immer wieder, dass wir es können. Ohne Hilfe ist es jedoch sehr schwierig.

Bleibt Businessmode Businessuniform? Wie sieht dein Bild von Businessmode aus?
Businessmode steht nicht für sich allein. Ich muss mich mit einem Stück auch ausserhalb des Businessumfelds identifizieren können. Gerade der Blazer z.B. ist ein tolles Stück auch für den Einsatz in der Freizeitmode. Mode muss transzendieren.

 

 

 

 

 

Was ist Stil? Was nicht?
Stil ist stark mit der Person verhängt und wie man sich vertritt. Stil zeigt, wer ich bin und wie ich auf Kleidung übertragen kann, was ich über mich sagen will. Dann gibt es modische Statements, die schlicht nicht geschaffen sind fürs Stilparkett.

Wie definierst du das Wort Trend heute?
Trend war immer etwas sehr Kurzlebiges, ob heute oder morgen. Trend ist ein Phänomen, was für sehr kurze Zeit viele Leute begeistern kann, bzw. diesen Leuten eben intelligent verkauft wird. Es braucht viel Zeit und mehr, um aus einem Trend einen Klassiker, etwas Langlebigeres entstehen zu lassen, wie z.B. der Blazer oder der Trenchcoat.

Mode definiert sich gerade neu, sucht sich, vieles ist in Bewegung in der Branche. Wie ist deine Einschätzung über die Zukunft der Branche auch gerade in Bezug auf die Nachhaltigkeit?
Ein Ausschluss H&M und Zara wird nicht passieren – einfach so. Die verschiedenen Kundengruppen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen werden auch in Zukunft und im Zuge der Nachhaltigkeit bestehen bleiben. Die Gesellschaft unterteilt sich stets. Intellektualität ist nicht jedermanns Sache. Auch deshalb gibt es Label wie Rick Owens und Haider Ackermann, die bestens koexistieren können.

Dein ganz persönlicher Bezug zu Kleidung?
Ich mag Kleidung mit klarem Statement. Für mich brauche ich keine lauten Farben oder modischen Trends. Ein Kleidungsstück ist dann besonders, wenn es Look, Passform und die Identität des Designers vereint. Lieblingsteile werden dann jene, welche bequem sind, top aussehen und zu meinem Körper und zu meiner Persönlichkeit passen.

Was rätst du Frauen zum Thema Selbstbewusstsein in Sachen Tragen von Mode?
Man sollte nur Kleidung tragen, in der man sich wohlfühlt. Dann erübrigt sich die Geschichte mit dem Gutaussehen oder mit der Ausstrahlung. Das bedeutet auch, einem neuartigen Kleidungsstück eine Chance zu geben, und es „einzutragen“, es auszuprobieren, bis man den Weg gefunden hat, wie man es tragen möchte.

Lässt sich anhand der Kleidung erkennen, wie weit die Emanzipation fortgeschritten ist?
Früher war das so. Mittlerweile ist es viel schwieriger. Es gibt wenige Kleidungsstücke, die noch wirklich schocken, bzw. Unabhängigkeit oder Emanzipation erkennen lassen, ohne einen anderen faden Beigeschmack zu haben. Gesamtheitlich lässt sich sehen, ob jemand sich selbst und seinen Körper kennt und Kleidung entsprechend für sich einsetzt. Das bedeutet, dass man sich mit sich selbst ehrlich auseinandergesetzt hat – das allein zeigt schon viel Emanzipation, zumindest bei der Frau.

Die Zürcherin Julia Winkler schloss 2012 ihre Ausbildung mit einem Diplom in Fashion Design und Pattern-Making mit Auszeichnung der Berliner Internationalen Kunsthochschule für Mode (ESMOD) ab. Ihr Designentwurf ist für seinen Experimentalismus bekannt. Mit ihrer Diplom-Kollektion, Pinky’s Dream, Watch the Room, gewann sie den Prix du Jury 2012 sowie den Annabelle Award 2012. Sie präsentierte die Kollektion UTQC als Finalistin des Designers für Tomorrow Award 2014 auf der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin und verkaufte anschliessend ihre SS15 Kollektion im Konzept des LABO MODE bei Galeries Lafayette Berlin. Sie arbeitet derzeit in Berlin.

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